Sehr geehrter
Herr Bürgermeister Stodollick, sehr
geehrter, lieber Herr Gegenmantel, sehr geehrte Damen und
Herren, liebe
Kunstfreunde!
Uwe Gegenmantel
ist ein Künstler bei dem sofort im
persönlichen Dialog über
seine Kunst auffällt:
Er ist ein Künstler, der noch Visionen hat! Thomas Manns Sentenz
„Phantasie haben heißt nicht
sich etwas auszudenken, es heißt sich aus den Dingen etwas
machen,“ trifft auf
ihn sehr wohl zu.
Er ist
hartnäckig, bleibt einer Sache oder einem
Problem auf der Spur – und gibt nicht auf, sondern löst den
Fall. Dabei drängt
es Uwe Gegenmantel aber auch ganz bewusst, mit seinen
Kunstwerken nach außen zu
gehen, ja sie bekannt zu machen. Das ist auch mit einer der
Gründe, warum ihm heute
der Lüner Kulturpreis 2013 von Bürgermeister Stodollick
überreicht wird.
Denn die
Jurybegründung lautet auch - so wie es Dr.
Wingolf Lehnemann dem Rat vortrug: „Uwe Gegenmantel ist, sieht
man seine
auswärtigen Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, zum
Botschafter
kulturellen Lebens in Lünen geworden, zumal er aktiv in der
Lüner Kunstszene
mitarbeitet.
Von Lünen aus
beteiligte er sich zum Beispiel an
Ausstellungen in Münster, Essen, Nordhorn und weiteren Städten
und immer wieder
in Lünen selbst.“ Insgesamt hat er an über 70 Ausstellungen –
entweder
sich beteiligt oder sie allein ausgerichtet. Hinzu kommt, ganz
wesentlich, dass
die Qualität seiner Arbeiten stets überzeugt.
Völlig fern ist
ihm das schnelle Abtun einer
künstlerischen Arbeit. Immer wieder fasst er noch einmal nach.
Orientiert sich
neu, richtet sich anders aus.
Dabei leitet ihn
auch ganz stark die theoretische
Grundlegung. Im Gespräch bemerkt man rasch, wie sehr er sich mit
allen Fasern
mit verschiedenen Stilrichtungen und
diversen Arbeitsmethoden auseinandersetzt. Er hinterfragt
immer noch
einmal sein manuelles Tun.
Dabei hat ihn die
Auseinandersetzung mit Kunst früh
berührt: bereits während seiner Schulzeit in Berlin war Uwe
Gegenmantel von den
Gemälden romantischer Maler wie Caspar David Friedrich, Arnold
Böcklin und
Anselm Feuerbach, aber auch von moderner abstrakter Malerei
eines Bernhard
Schulze beeindruckt und beeinflusst.
Im Alter von 19
Jahren machte er seine eigenen
Versuche in abstrakter gestischer Manier, der informellen
Malerei, die auch
heute noch immer wieder im Werk aufflackert. Uwe Gegenmantel hat
zwei komplette Studiengänge
durchlaufen und beide auch mit dem Examen abgeschlossen:
Zunächst ab 1969 ein
Studium der künstlerischen Grafik an der Lette Schule, Berlin.
Wechsel dann an
die Werkkunstschule/Fachhochschule Düsseldorf. 1976 wählt er ein
Lehramtsstudium Kunst und Deutsch
für die Sekundarstufe I an der Universität Münster.
Ab 1982
beschließt er jedoch als freier Maler zu
arbeiten. Und damit kommt er einem Lebensplan nahe, den Kuno
Gonschior, später
Professor in Berlin, ihm während des Studiums bereits nahegelegt
hatte.
Er kommentierte
die Arbeit von Uwe Gegenmantel mit
einem klaren Imperativ: „Du musst Maler werden!“
Er lebt damals in
Mülheim an der Ruhr. Schließlich
lernt er die Lippestadt Lünen kennen – ist fasziniert und
bezaubert - und er handelt
und verlegt 1992 seinen Wohnsitz. Lünen ist für ihn eine sehr
reizvolle Stadt: das
Ruhrgebiet ist nah – aber auch das Münsterland. Dazu die
einladende Lage der
Stadt an der Lippe. Seine feste Meinung: „Hier hat man vieles,
was einem in
anderen Städten fehlt!“
Seit 1999 ist Uwe
Gegenmantel nun doch lehrend
aktiv: seitdem ist er engagierter Dozent für Malerei und
Bildende Kunst an der
Volkshochschule Lünen. Und die Erfolge dieser Tätigkeit sind
erheblich. Er
schätzt die Gabe jedes einzelnen Schülers und fördert die
Anlagen entsprechend.
Es gibt
verschiedene Sammlungen, die mehrere Werke
von Uwe Gegenmantel beinhalten. Darüber hinaus befinden sich
noch 130 weitere
Gemälde in weiteren Privatsammlungen.
Doch wenden wir
uns drei Arbeiten von Uwe
Gegenmantel einmal genauer zu:
Da gibt es das
Bild „Anhalter Bahnhof“, das einen
ehemaligen Fernbahnhof in Berlin Kreuzberg in der Nähe des
Potsdamer Platzes
zeigt. Es ist heute ein maroder Bahnhof.
Wenn man einmal diese zerstörte Architektur gesehen
hat, dann vergisst man das nicht mehr. Vor dem Bahnhof liegt ein
skelettartiges
kastenartiges Gebäude. Und das hat der Künstler immer wieder in
Werken
beschworen: er hat es knapp und kurz betitelt: „Kasten“.
Die ersten
Kastenbilder, in denen ein gemalter oder
gespachtelter oder mit Holzresten bearbeiteter Kasten das
„Gegenstandszitat“
auf abstraktem Grund bildete, war der Versuch einer Synthese von
Abstraktion
und Gegenstand.
Er selbst
erläutert: „Ich hatte die Luftaufnahme
eines zerbombten Hauses von 1945 in Berlin gesehen, auf der ein
abgedecktes
Dach den Blick in eine freigelegte –einst bewohnte – Etage
freigab. Das Foto beeindruckte mich über Trauerarbeit,
verstärkt durch den plötzlichen Tod meines Bruders, und ich
beschloss,
wenigstens in der Malerei diese leere Etage, den leeren Kasten,
wiederzubeleben. Das Haus, den Kasten malte ich nach dem Foto …“
Ein Gemälde, das
in 40 Stunden entstand, ist die
Ansicht von Florenz aus der Vogelperspektive. Sensibel ist die
Schilderung der
Stadtansicht mit dem Dom, dem Campanile und dem Baptisterium.
Die Kathedrale Santa Maria del Fiore, die
viertgrößte Kirche in Europa, beeindruckt besonders durch ihre
Kuppel.
Uwe Gegenmantel
hat mit seinem Gemälde den direkten
Zugriff auf diese architektonischen Meisterleistungen der
Renaissance
wiedergegeben. Der Pinselstrich wirkt locker und flüssig – es
entsteht beim Betrachter der Eindruck, als ob diese Wiedergabe
gar kein
malerisches Problem dargestellt habe. In nur wenigen Farben
erscheint das Bild, in dem
Orange, Blau und Weiß am dominantesten auftreten.
Eine ganz andere
malerische Aufgabe stellt sich in
dem Bild dar, das aus verschiedenen kleinen Parzellen besteht.
Ja, fast wirken
diese Parzellen wie Schüppchen auf der Leinwand. Sie sind
hingetupft. Und
zeigen vom Farbkaleidoskop warme Farben – Gelb, Orange, Braun
und die beiden
Nichtfarben Weiß und Schwarz. Es entstehen von manchen Themen
immer auch Serien.
In diesem Fall hat der Künstler auch noch Varianten gemalt. In
eine hat er
einen stahlblauen Fluss eingegeben. So, als wenn man aus dem
Flugzeug über das
Gelände fliegt - und die Lage peilt.
In Uwe
Gegenmantels Malerei entwickelte sich das
parallele Arbeiten an abstrakt-informellen,
gegenständlich-figurativen und
seriellen Bildern mit stilisierten Figuren oder imaginären
„Schriftzeichen“ im
Stil von „All over“. Letzteres ist eine Zusammenführung, die
keiner
vorgegebenen Komposition oder Richtung folgt und ihre einzelnen
Elemente also
keinem gemeinsamen Maßstab unterordnet – so das Strukturprinzip
der all over
Malerei, das eine Art ungeordnete Ordnung schafft, in der
sehr
Verschiedenartiges nicht nur nebeneinander bestehen kann,
sondern miteinander
in Beziehung tritt.
Neben der Kunst
ist für Uwe Gegenmantel das Wort,
die Sprache sehr wichtig, denn über sie kann er sich seiner
Malerei quasi noch
einmal vergewissern. Gespräche und Diskussionen mit
Künstlerkollegen und seinen
Schülern an der Volkshochschule sind für ihn essentiell.
Sicherlich war das Fundament für diese Regung schon
in ihm angelegt – und wurde später durch das Studium Deutsch in
Münster noch
weiter angeregt. Es geht soweit, dass er seine eigene
künstlerische
Tätigkeit sehr wohl in gut gesetzte Sprache umsetzen kann: also
die Theorie
ebenso gut liefern kann.
Das fällt in
dieser Ausstellung bei dem
großformatigen Gemälde auf, das auf seiner Malerei einen Text
gesetzt bekommen
hat, in dem es um die Malerei und die Fotografie geht – und um
deren
Konkurrenz. Der Text hört auch erst am Ende des Bildes auf –
also eine wohlkalkulierte Arbeit – bei der der Intellekt und das
Raffinement
eine wichtige Rolle gespielt hat.
Tauchen Sie nun
ein in die spannende Kunst-Welt des
Uwe Gegenmantel. Es sei Ihnen verraten: Und immer dann, wenn Sie
meinen, jetzt
habe ich den Schlüssel für dieses Bild gefunden, tauchen neue
Anzeichen auf, mit
denen von dem Gemälde eine weitere Faszination ausgeht.
Dem Künstler sei
für seinen weiteren Weg weiterhin viel
Akribie und Schöpferkraft in seinem künstlerischen Tun
gewünscht.
Ich danke Ihnen!